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Im Park

Ich setze mich mit einem Buch und einer kleinen Thermoskanne Tee auf eine Bank im Park hinter dem Haus. Meine Katze folgt mir. Sie bleibt in meiner Nähe und legt sich neben mich auf die Bank. In der Wohnung ist es kälter als draußen und ich mag die Heizung nicht mehr anstellen. Ich genieße die Wärme der Sonne. Ich trinke Tee, lese und streichle meine Katze. Der Park ist von Häuserblocks umgeben und von drei Seiten einsichtig. Was, frage ich mich, denken diejenigen wohl, die mich sehen? Aber wenn sie irgendetwas Negatives denken, was sollte mir das ausmachen, überlege ich. Dann konzentriere ich mich wieder auf mein Buch. Ab und zu sehe ich jemanden auf einem Balkon und die Person scheint in meine Richtung zu schauen. Meine Gedanken wandern wieder zu der Frage: Aber was die Person wohl denken mag, wenn sie mich sieht.

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Achte auf die Zeichen

Ich komme an meinem Urlaubsort an, einer Jurte im Wald in den Vogesen. Die Vermieterin zeigt mir alles und erwähnt noch in einem Nebensatz, der Ort hier sei sehr kraftvoll, ich solle auf die Zeichen achten. Ich höre den Satz und denke nichts weiter dabei. In der Küche treffe ich auf einen Jungen mit seiner Mutter. Der Junge trägt ein T-Shirt der ‚All Blacks‘, das ist die neuseelandändische Rugby-Nationalmannschaft. Ich spreche ihn daraufhin an, ob er wisse, was für ein T-Shirt er da trage? Ja, sagt er, das habe ihm jemand aus Neuseeland mitgebracht. Noch denke ich mir nichts dabei. Zwei Tage später spaziere ich durch den Wald. Ich laufe einfach so vor mich hin, bis mein Blick auf die Farne am Wegesrand fällt. Sie sind so viel kleiner als ihre großen Brüder, die Baumfarne in Neuseeland, aber auch diese kleinen Verwandten rollen ihre Blätter wie eine Spirale aus. Der Koru, der sich entfaltende Farn, ist dort ein vielverbreitetes Symbol. Es steht für Wachstum, Entwicklung und auch den Kreislauf des Lebens. Als ich mich zu einem Farn hinunterbücke, fällt mein Blick auf ein Rinnsal im Graben neben dem Weg. Beim Weitergehen wandern meine Augen immer wieder zu dem Rinnsal hin. Dann sehe ich, wie es unter einer Blätterdecke verschwindet. Danach ist es nicht mehr zu sehen. Ob es jetzt versickert ist? Meine Neugier ist geweckt und ich schaue nun ganz genau hin. Etwas weiter sehe ich am Wegrand, dass wieder Wasser über den Blättern fließt, gut sichtbar. Und das wiederholt sich so einige Male, ich sehe das Rinnsal und dann taucht es unter eine Blätterdecke ab. Es geht nicht verloren oder versickert, nicht auf meinem Weg. Jetzt entsteht doch ein Zusammenhang für mich. Das T-Shirt des Jungen, der Farn, das Rinnsal. In mir formt sich ein Bild und ich verstehe, was bei mir anliegt, was gerade für mich wichtig ist.

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Minderheit

Ich verbringe vier Tage in einer Jurte, auf einem Anwesen, das ein holländisches Ehepaar im ‚Grand Est‘ in Frankreich erworben hat. Es sind etliche Besucher da so wie ich, die Ruhe und Erholung suchen, die meisten aus Holland. Alle reden ganz gut Englisch, so können wir uns verständigen. Beim Kochen in der Küche plaudern wir. Wenn eine dritte Person dazu kommt, springt das Gespräch zurück in deren Muttersprache, nämlich Niederländisch. Kommt noch eine weitere oder noch mehr Personen dazu, geht das Gespräch kreuz und quer über meinen Kopf hinweg. Ich fühle mich völlig vergessen und es scheint keine Rolle mehr zu spielen, ob da noch jemand sitzt, die kein Wort versteht. Es leuchtet mir natürlich ein, dass sie sich in ihrer Muttersprache unterhalten wollen und dennoch wünschte ich mir, auch in der Gruppe noch ein bisschen wahrgenommen zu werden.

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Urlaub?

Die Osterferien nahen. Was will ich in den Ferien machen? Meine Cousine in Berlin würde sich über meinen Besuch freuen. Ich schaue nach Zugverbindungen. Ich werde mindestens 6 Stunden unterwegs sein. Und fliegen? Das ist zu teuer und Inlandsflüge möchte ich vermeiden. Außerdem schreckt mich die Großstadt ab. Nein, eigentlich will ich Ruhe und Erholung und keinen Großstadtstress. Ich schaue nach Flügen in den Süden. Am liebsten würde ich ja nach Portugal. Die Algarve kenne ich nicht. Die Flüge dahin sind teuer und dann brauche ich noch eine Unterkunft und ein Mietauto und dann habe ich noch nichts gegessen. Das alles übersteigt mein Budget. Warum nicht nach Spanien? Ich spreche die Sprache und kenne mich an der Costa Brava etwas aus. Zu meinem Wunschtermin sind die Flüge teuer und es gibt am Flughafen Gerona keine Mietautos. Und nun? Woandershin in Spanien? Da sind die Flüge auch teuer. Oder in ein anderes Land? Ich bin neugierig auf mir unbekannte Länder und gleichzeitig fühlt sich das für mich anstrengend an, mich dort zu orientieren. Ich docke bei der Suche an nichts an. Wo will ich denn nun hin, frage ich mich noch einmal. Warum entwickelt sich das nur so schwierig? Warum fällt mir die Entscheidung so schwer? Ich kann mich doch sonst gut entscheiden. Ich bin genervt und ermüdet von der Suche und will doch eigentlich Erholung.

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Geschichten schreiben

Ich habe Freude am Schreiben und ich schreibe, ohne ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Nicht ich suche die Ideen zu den Geschichten, sondern die Ideen rufen mich. Ich erlebe meinen Alltag, etwas ereignet sich und ich spüre, wie die Situation sich in mir zu Worten kondensiert. Manchmal taucht ein Bild aus der Vergangenheit auf und drängt sich in mein Bewusstsein. Ich halte einen Moment inne und spüre, wie es sich fast von alleine in Worte fasst. Oder ein Gefühl macht sich in mir breit, die Vorfreude auf den Frühling oder die Wärme der Sonne, und Worte steigen an die Oberfläche. Es wirkt wie eine Verweigerung auf mich, diese Worte zu ignorieren und ihnen keinen Raum zu geben, ähnlich wie einem knurrenden Magen keine Nahrung zu geben.

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Nie fertig

Es gibt viel zu tun. An den Hochbeeten für den Salat will ich alle Spalten abdichten. Der Kompost will gewendet werden. Alle Beetkanten im Garten will ich mit dem Akkuschneider freischneiden. Die Beete will ich mit fertigem Kompost düngen und für die neue Aussaat vorbereiten. Die Hecken will ich schneiden. Die Erde zwischen den Obststräuchern will ich auflockern und harken. Und jedes Mal sehe ich etwas anderes, was auch noch getan werden will. Ich fange mit einer Sache an und beende sie. Ich mache eine Pause und setze mich in die Sonne. Ich genieße die ersten wärmenden Sonnenstrahlen in diesem Frühjahr. Ich schaue mich um und schon sehe ich das nächste, was getan werden will. Ich sehe auf und mache mit dem weiter, was mir gerade aufgefallen ist. Dafür fällt eine Sache von meiner vorgenommenen To-Do-Liste herunter. Das mache ich dann das nächste Mal, nehme ich mir vor. Und so geht es Mal um Mal. Eine neue Aufgabe kommt hinzu, eine andere fällt hintenrunter oder ich erledige sie nur zum Teil, weil ich keine Energie mehr habe oder die Zeit nicht reicht. Und ich schaffe immer nur einen Bruchteil von dem, was anliegt. Ich verlasse jedes Mal den Garten mit nicht erledigten Aufgaben. Und jedes Mal kostet es mich ein Stück Überwindung, etwas unerledigt zurückzulassen.

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Nachbarn

Wenn ich in der Küche bin, bekomme ich mit, was auf dem Parkplatz so passiert. Die Bewohner des Hauses parken ihr Auto oder gehen zu ihrem Auto oder bringen Müll weg. Die meisten von ihnen höre ich gar nicht, nur die Autotür, die zuschlägt und dann das Motorengeräusch, wenn sie wegfahren. Manchmal höre ich Familien, die miteinander reden, wenn sie ankommen oder abfahren. Mal höre ich Kinder, die spielen, selten mal ein weinendes Kind. Und dann gibt es Nachbarn, die mit dem Smartphone am Ohr zum Auto gehen und das Gespräch weiterführen, ungeachtet dessen, ob andere es mithören oder nicht. Oder sie bringen ihren Müll raus, mit einer Zigarette im Mundwinkel, und schreien ihren Kindern über den Hof hinweg mehrmals lautstark zu, immer noch lauter werdend und in einem zunehmend schneidenden Tonfall: „Moment…! Ich bringe gerade den Müll weg!“

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Tasty and Soft Beetroot Idiyappam

Ich schaue mir das Video ‚Tasty and Soft Beetroot Idiyappam‘ an, ein ‚Breakfast Recipe‘ auf YouTube. Mit völliger Ruhe bereitet eine Südinderin ein regionales Gericht in einer traditionellen Küche zu, auf einem Herd mit einem offenem Holzfeuer, ohne fließend Wasser und mit Krügen aus Ton. Das Ganze ist nicht von Hintergrundmusik untermalt. Es sind nur die Geräusche zu hören, die sie in der Küche beim Kochen macht und im Hintergrund fremde Naturgeräusche. Das Video nimmt mich gefangen, sowohl von der Bedächtigkeit bei der Zubereitung her als auch von der Natur drumherum. Die Küche muss ein offener Raum sein, dass die Natur so direkt wahrzunehmen ist. Ich höre Vogelgezwitscher, und vielleicht einen Pfauenruf? Und viele andere Tierlaute, die ich nicht einordnen kann. Das Video nimmt mich mit in eine mir völlig fremde Welt.

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Leyla II

Leyla war seit fast zwei Jahren in Deutschland. Sie konnte noch keinen zusammenhängenden Satz auf Deutsch sagen. Zuerst fing ich mit dem Alphabet an, danach gab ich ihr das erste einfache Deutschlernheft. Ohne große Begeisterung machte sie die Aufgaben darin. Ich wunderte mich nur, dass sie keinen der Sätze oder auch nur einen Teilsatz daraus wiedergeben konnte, waren es doch wirklich leichte Anfängerübungen. Nachdem sie die Antworten niedergeschrieben hatte, gab ich ihr das Folgeheft. Es kostete sie sichtlich viel Anstrengung, die Aufgaben zu machen. Wieder schrieb sie lustlos und mehr mechanisch. Wenn ich ihr einfache Fragen zu den Sätzen stellte, konnte sie nicht antworten, und neue Wörter konnte sie sich partout nicht einprägen. Manchmal trieb ich sie an und drängte sie, bitte mehr zu üben, manchmal reagierte ich verärgert. Im dritten Lernheft kam sie schließlich an ihre absolute Grenze. Sie konnte sich auf der Seite gar nicht mehr orientieren und konnte keine der Aufgaben auch nur ansatzweise beantworten.
Ich war ratlos. Was sollte ich nur machen? Beim Spracherwerb geht es um Aufbau. Und was mache ich, wenn es keinen Fortschritt gibt und so gut wie nichts, um darauf aufzubauen? Ich hatte alles ausprobiert, was mir eingefallen war. Ratlos und frustriert legte ich das dritte Heft beiseite und ersetzte es wieder durch das zweite. Sie machte es zum zweiten Mal. Die Aufgaben löste sie jetzt etwas schneller, da gab es schon Fortschritte, aber sie machte die Übungen dennoch, als würde sie sie zum ersten Mal sehen. Anscheinend erkannte sie keine einzige der Aufgaben wieder. Ich war perplex. Warum nur ließen sich bei Leyla so gar keine Lernfortschritte erzielen? Nichts von dem, was ich anzubieten hatte, half ihr merklich weiter.
Mir fiel am Ende nichts anderes mehr ein, als mich Leylas Tempo einfach anzupassen. Und daraufhin veränderte sich etwas in mir. Ich konnte meinen Ehrgeiz für sie und meine Vorstellung von ihrem Lernen loslassen und begleitete sie mit mehr Ruhe und Wohlwollen einfach nochmal durch dasselbe Heft.
Wie lange hatte es gedauert, bis ich meine Ansprüche einfach loslassen und mich auf genau das einlassen konnte, was ich bei Leyla erlebte. Würde ihr das am Ende nicht sogar am meisten helfen?

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Drei Tage lang

Ich gebe ein Dreitageseminar und führe die 14 Teilnehmenden in die Gewaltfreie Kommunikation ein. Am ersten Tag sind alle zurückhaltend und warten ab, was so auf sie zukommt. Wir sitzen beim Frühstück zusammen, mittags und beim Abendessen und plaudern. Am zweiten Tag sind alle entspannter und die Pausen werden immer länger. Das ist ein gutes Zeichen, es heißt, dass die Teilnehmenden ins Reden kommen und sich öffnen. Neben den Seminarinhalten tauschen wir uns auch über Privates aus. Auch ich gebe Einblick in mein Leben und erhalte Einblicke in mir ganz fremde Biografien. Wir wachsen immer mehr zusammen, die Atmosphäre wird immer vertrauter. Ich lerne Menschen kennen, denen ich sonst nicht begegnen würde und wenn, dann nicht auf einer so tiefen Ebene. Ich bin tief berührt und dankbar, in das Leben fremder Menschen eintauchen zu dürfen, auch wenn es nur für kurze Zeit ist.

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