Krankmeldung
Ich habe keine Kraft mehr, und das schon seit einiger Zeit. Der Autokauf hat sehr viel Energie gekostet und das grautrübe Wetter ist deprimierend. Ich habe einen ganz ruhigen Nachmittag und gehe früh ins Bett, um am nächsten Tag fit zu sein. Im Bett spüre ich, dass ich einfach nicht mehr kann. Morgen ist mein letzter Unterrichtstag. ‚Das müsste doch zu schaffen sein‘, sagt mein Verstand, ‚die letzten Tage hast du ja auch hingekriegt.‘ – ‚Ich kann nicht mehr‘, sagt der Bauch. Ich bin zunehmend unwirsch zu den Schülern und schnell genervt. ‚Bleib zu Hause, erhol dich‘, sagt der Bauch. ‚Aber du bist nicht wirklich krank. Den letzten Tag schaffst du noch’, kontert der Verstand. Ab wann darf man sich krank melden? Ab wann ist es gerechtfertigt, zu Hause zu bleiben? Meine Schüler sollen doch Deutsch lernen. Aber macht 1 Tag Ausfall einen so großen Unterschied? ‚Wenn du so genervt bist, haben sie eh kein Bock zu lernen.‘ So geht es hin und her. Es wird eine schreckliche Nacht, ich finde keine Ruhe. Am Morgen geht das Hin und Her weiter. Wie soll ich mich nur entscheiden? Ich melde mich schließlich krank. Einer Kollegin schicke ich noch extra eine Textnachricht, um sie zu informieren, dass meine drei DAZ-Schüler*innen heute bitte bei ihr im Unterricht bleiben sollen. Kein Problem, antwortet sie. Sie sei auch krank, aber in der Schule. Jetzt springt mein schlechtes Gewissen wieder an. Sie ist krank und in der Schule. Und ich? Ich falle in einen tiefen Schlaf und merke im Laufe des Tages, dass es die richtige Entscheidung war, zu Hause zu bleiben.