Der LÜK-Kasten

In meinem Raum in der Schule ist ein Schrank, in dem viele meiner Unterrichtsmaterialien stehen. Einige davon habe ich auf eigene Kosten angeschafft, unter anderem auch sechs LÜK-Kästen. Die habe ich bei Ebay ersteigert und nutze sie immer wieder im Unterricht. Den Schrank kann ich abschließen und tue das auch. Alle Schränke in allen Klassen haben den gleichen Schlüssel und alle Lehrer*innen haben einen Schlüssel dafür. An diesem Tag öffne ich den Schrank, weil ich etwas brauche und ein LÜK-Kasten fällt mir buchstäblich entgegen. Als ich ihn greifen will, fallen die Plättchen heraus. Ich bemerke, dass viele Plättchen fehlen. Sofort rasselt es durch meinen Kopf: Wer meiner Kolleg*innen hat sich hier bedient und den LÜK-Kasten unvollständig zurückgestellt? Wie soll ich rausfinden, wer sich da bedient hat? Muss ich jetzt einen neuen LÜK-Kasten besorgen? Ich merke, wie die Wut in mir hochsteigt. Ich werde sofort ein gepfeffertes Rundmail an alle Kolleg*innen schreiben und fragen, wer den LÜK-Kasten ausgeliehen hat und die Person um einen neuen, vollständigen bitten. Bis ich nach Hause komme, kann ich mich mit Mühe ein bisschen beruhigen. Eine leise Stimme in mir flüstert mir zu: Warte bis nächste Woche! Warte, bis du nächste Woche wieder in der Schule bist und schau noch mal genau nach! Ich warte. Am Wochenende kann ich das Thema Gott sei Dank vergessen. Als ich in der nächsten Woche wieder in der Schule bin, gehe ich morgens als erstes an den Schrank und prüfe, ob die Plättchen nicht vielleicht schon beim Herausziehen des Kastens rausgefallen sind und diejenige ihn deswegen hat stehen lassen. Und tatsächlich liegen zwischen Büchern versteckt die Plättchen. Ich sammle sie ein und der unvollständige Kasten ist wieder komplett. Ich bin so erleichtert: Einmal darüber, dass ich keinen neuen LÜK-Kasten brauche und zum anderen, dass ich das Mail an alle Kolleg*innen nicht geschrieben habe.

Nimmst du deine innere Stimme wahr? Und hörst du auf sie?

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