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Bereichert

Ich lese gern, schon immer. Es gibt immer ein Buch, in dem ich gerade lese. Selten kommt es vor, dass ich gerade keins lese. Wenn doch, dann meist, wenn ich eins fertig gelesen habe und mich noch kein neues in den Bann gezogen hat. Ich liebe es, in die Bibliothek zu gehen. Dort kann ich nach Lust und Laune herumschmökern. Meist gehe ich dann mit vier bis sechs Büchern nach Hause, um eine Auswahl zu haben. Ich kann sie wieder zurückbringen und sie nehmen mir später keinen Platz in meinem Regal weg. Ich öffne jedes Buch mit der Neugier, wohin es mich wohl führen wird. Wem werde ich begegnen, was werde ich kennenlernen? Es ist eine Tür in eine neue Welt. Ich tauche in andere Länder, andere Zeiten und andere Leben ein. Ich fühle mich an die Hand genommen und ich werde durch mir Unbekanntes geführt. Ich kann Stunden dort verweilen oder auch nur mal zwei Seiten. Ich lerne Menschen und Lebenssituationen kennen, die außerhalb meines Horizonts liegen. Ich fühle mich durchs Lesen mal beglückt, mal überrascht … mal erschüttert, mal betrübt … mal verwundert. Aber immer bereichert.

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Sommerferienglücksmomente

Morgens früh aufwachen und nicht aufstehen müssen. Einen Tee machen, mich wieder hinlegen und das Buch weiterlesen, bis mich der Frühstückshunger aus dem Bett treibt.
An einem heißen Sommertag irgendwo mitten im Wald auf einer Wanderung im Schatten Pause machen und den Duft des Harzes genießen, den die Bäume verströmen.
Die Fülle der mich reich beschenkenden Natur im Garten betrachten. Den gelben Zucchinis und orangenen Kürbissen, die durch ihr Blattwerk hindurchleuchten, zulächeln.
Im Garten in die Abendstimmung des sich neigenden Tages eintauchen. Der untergehenden Sonne nachschauen. Wahrnehmen, wie sich Vögel und Insekten langsam zurückziehen. Die zunehmende Ruhe und das schwindende Licht in mich aufnehmen.
Morgens barfuß durch das nasse Gras laufen. Die tausend kleinen Tautröpfchen an den Grashalmen bewundern.
Barfuß in den Beeten laufen. Die von der Sonne aufgeheizte Erde unter den Fußsohlen spüren. Sanft in ihr einsinken.
Gehalten werden.

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Gesprächsfäden

Ich frage Natalie, was sie im Moment gerade so beschäftigt. Spiritualität, sagt sie. Mehr nicht. Sie führt das Thema nicht weiter aus und ich frage nicht nach. Sie bringt das Gespräch auf etwas anderes und wir plaudern entlang dieses neuen Fadens. Erst später, als wir spazieren gehen, greift sie das Thema Spiritualität von sich aus nochmal auf. Es sei ein sehr persönliches Thema für sie, sagt sie, über das sie nicht so oft und auch nicht so offen rede würde. Sie fragt mich nach meinen Erfahrungen. Es entsteht ein tiefes und sehr persönliches Gespräch.
Ich erzähle Steffen in kurzen Zügen von transgenerationalem Trauma. Er fragt nicht weiter nach. Ich nehme einen weiteren Anlauf und reiße kurz an, was ich zu dem Thema über meine eigene Geschichte herausgefunden habe. Er fragt auch jetzt nicht nach. Das Gespräch endet da, entweder ist es ihm unangenehm oder es interessiert ihn nicht.
Welche Gesprächsthemen, frage ich mich im nachhinein, greife ich selbst nicht auf?

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Gedankenlesen?

Das kriegt man, wenn man in dem Café ein Brötchen bestellt, sagt er ungehalten und hält mir sein unbelegtes Brötchen entgegen, das er von Hand in der Mitte zerteilt hat, ungleich und zerklumpt. Normalerweise kriegt man doch was drauf auf das Brötchen, beschwert er sich. Das gibt’s doch nicht, die geben einem einfach nur so ein Brötchen! Ich wundere mich, er hat doch genau das bekommen, wonach er gefragt hat. Ein Brötchen.

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Gartenglück

In meinem Garten kann ich mich austoben, tun und lassen, was ich will, im Rahmen des Pachtvertrages natürlich. Ich habe alle Freiheit zu gestalten: Ich kann nur Gemüse anbauen oder auch nur Blumen. Und welches Gemüse ich anpflanze oder welche Blumen, liegt ganz bei mir. Ich kann eine halbe Stunde dort verbringen oder am Wochenende auch den ganzen Tag. Ob ich die Hecken schneide oder Beikraut entferne oder einfach nur die Sonne genieße, kann ich ganz frei entscheiden. Wann ich mit einer Arbeit fertig bin, liegt in der Natur der Sache. Genau dann wenn ich alle Bohnen geerntet habe oder alle Pflanzen gegossen habe, ist die Arbeit beendet, und nicht weil die Uhr es sagt. Ich kann auch Stunde um Stunde den Bienen zuschauen, wie sie von Blüte zu Blüte fliegen, um Nektar zu sammeln, oder meinen Blick schweifen lassen und schauen, zu welcher Arbeit ich als nächstes Lust habe. Oder ob überhaupt zu einer.

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Und gleichzeitig

Wir haben uns für das Wochenende locker für eine Wanderung verabredet. Da er sich nicht meldet, rufe ich ihn am Samstag an. “Oh”, ist seine Antwort, “das hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm. Ich habe den Sonntag anders verplant.” Na gut, denke ich, dann nutze ich den Sonntag halt für den Garten. Da liegt noch so einiges an und es soll auch schönes Wetter sein. Ich genieße den sonnigen Tag im Garten und dann kommt doch Ärger in mir hoch. Ich merke, dass beides gleichzeitig da ist: Die Freude, im Garten noch ein Projekt zu Ende gebracht zu haben und der Ärger, dass er unsere wenn auch lockere Absprache für eine gemeinsame Wanderung einfach vergessen hat.

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Abschlussfeier

Die Schüler*innen mit Hauptschulabschluss und die mit dem Mittleren Bildungsabschluss werden heute verabschiedet. Die meisten freuen sich, die Schule endlich hinter sich zu lassen. Dass sie in einigen Wochen eine weitere Schule besuchen oder eine Ausbildung anfangen werden, liegt erstmal in weiter Ferne. Ich beneide sie um dieses Gefühl der Freiheit und darum, dass sie das Leben noch vor sich haben. So vieles steht ihnen offen, beruflich wie privat. Sie können etwas ausprobieren und sich umentscheiden und neu orientieren. Die meisten Kapitel meines eigenen Lebens sind schon geschrieben. Meine berufliche Tätigkeit neigt sich dem Ende zu. Welche Möglichkeiten stehen mir noch offen?

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Atemlos

Ich fahre in die Schule. Etliche meiner Schülerinnen sind heute auf einem Wandertag. Zwei sind krankgemeldet. Übrig bleiben nur zwei Schülerinnen, die aus ihrer Klasse zu meinem Unterricht kämen. Ich überlege schnell: Heute findet eine Fortbildung statt, die ich ins Auge gefasst und dann doch verworfen hatte. Vielleicht könnte ich da teilnehmen? Ich versuche dort anzurufen, um herauszufinden, ob es noch freie Plätze gibt. Das Büro öffnet erst um 9 Uhr und die Fortbildung beginnt ebenfalls um 9 Uhr. Was tun? Ich werde die Schulleiterin fragen, ob sie mich spontan für die Fortbildung freistellt. Sie ist noch nicht da, also frage ich die Stellvertreterin. Sie darf das nicht entscheiden. Die Schulleiterin kommt, ich darf zur Fortbildung, ich informiere meine Schüler*innen. Ob überhaupt noch ein Platz frei ist, frage ich mich auf der längeren Fahrt zum Veranstaltungsort. Und was mache ich, wenn nicht? Ja, es sind noch Plätze frei. Ich atme auf, das Ganze hat sich gelohnt. Die Fortbildung stellt sich als langweilig heraus. Nach dem Ende der Veranstaltung um 16 Uhr fahre ich bei einer Freundin vorbei, die in der Nähe wohnt. Ich begleite sie bei den Einkäufen, die sie geplant hatte. Abends gehen wir noch etwas essen. Um 20 Uhr 30 bin ich zu Hause, denn ich habe eine Telefonverabredung. Schließlich falle ich müde und erschöpft ins Bett und kann doch nicht einschlafen. So voll war der Tag und ich habe mir keine Zeit genommen, alles Revue passieren zu lassen. Das passiert dann im Bett und raubt mir den Schlaf. Dabei weiß ich doch, dass ich Raum brauche, um Ereignisse sacken zu lassen und zu verarbeiten.

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1115 Kopien

In einem kurzen Mail informiert mich meine stellvertretende Schulleitung, dass ich am 5.6. den Raum wechseln müsse, da in meinem Klassenraum Elektroarbeiten durchgeführt würden. Gut, denke ich, das ist Mittwoch und Mittwoch ist mein kurzer Tag, da habe ich nur zwei Gruppen und die sind beide recht klein. Als ich am nächsten Tag, am Dienstag, den 4.6. in die Schule komme, ist mein Klassenraum eine Baustelle. “Sie müssen heute den Raum wechseln, ich bin hier den ganzen Tag am Arbeiten,” sagt mir der Elektriker. Wie jetzt, denke ich, das sollte doch am Mittwoch passieren, am 5.6.? So ein Mist, denke ich und das an meinem langen Tag mit drei großen Gruppen! Es hilft nichts, ich nehme die Materialien, die ich brauche und gehe in den Vorbereitungsraum der Küche, der mir als Ersatz angeboten wurde. Dort muss ich erstmal die Tische so stellen, wie es für meine Gruppen passt und noch einen Tisch extra organisieren, weil nicht genügend da sind. Dann gehe ich durch die Klassen und informiere meine Schülerinnen über den Raumwechsel. Ich habe keine Zeit zu kopieren und verschiebe es auf die Pause. Zum Beginn der Stunde sind nicht alle da und ich muss noch die suchen, die fehlen. Wegen des Raumwechsels sind die Gruppen unruhiger als sonst. In der Pause spricht mich die Schulsozialarbeiterin auf einen ukrainischen Schüler an, der heute nicht in die Schule gekommen ist. Ich hatte seiner Mutter bei ihrem Besuch in der Schule in der vorherigen Woche zugesagt, ihn in dem Fall zu Hause abzuholen. Also werde ich ihn in der Mittagspause abholen fahren. In der Pause vorher finde ich keine Zeit zu kopieren. In der Mittagspause dann kommt eine Kollegin und meint, sie brauche wie jeden Dienstagnachmittag den Raum. Ich muss wieder umziehen. Ich entscheide mich zuerst zu essen, dann den Schüler abzuholen und dann nach einem freien Raum zu fragen. Ich ziehe abermals um, informiere wieder die Schülerinnen und erst als es schon zum Ende der Pause klingelt, komme ich zum Kopieren. Ich stehe am Kopierer und drücke auf “1” für eine Testkopie. Nichts passiert. Ich drücke wieder auf “1”. Wieder passiert nichts. Ich stehe total unter Druck. Ich gebe schließlich auf 15 ein, die Anzahl Kopien, die ich für die Gruppe brauche. Jetzt setzt sich der Kopierer in Gang und zeigt 1115 Kopiereraufträge im Display. Ich kriege den Vorgang nach 18 Kopien gerade noch gestoppt, aber nicht storniert. Weil ich schon spät dran bin, gehe ich in die Klasse und hoffe, dass sich der Kopierer nach einer kurzen Zeit selbst ausloggt und die Aufträge storniert, so wie es mir schon einige Male passiert ist, als ich das gar nicht wollte. Am Ende des Unterrichts fahre ich noch eine kranke Schülerin nach Hause. Am nächsten Tag liegt im Lehrerzimmer ein dicker Stapel Kopien auf meinem Tisch und hat die Schulleiterin mir eine Kopiersperre erteilt.

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Gedankenmühle

Ich laufe über den Markt und überlege, was ich zuerst einkaufe, weil es unten in meinen Rucksack gedrückt werden kann und was ich später einkaufe, weil es nicht gequetscht werden sollte. Als ich am Gemüsestand vorbeikomme, sehe ich Rote-Bete-Pflänzchen. Genau die suche ich gerade! Es sind nur noch wenige da. Ich überlege, ob es nicht doch sinnvoll ist, gleich anzustehen und die Pflänzchen zu kaufen. ‘Nein’, denke ich, ‘das mache ich am Ende, damit sie nicht zerdrückt werden.’ Als ich mich nach meiner Einkaufsrunde schließlich am Gemüsestand anstelle und nach den Rote-Beete-Pflänzchen frage, sagt die Verkäuferin: “Die habe ich gerade alle verkauft.” Ich ärgere mich total. Warum habe ich mich nicht gleich angestellt? Und sofort setzt sich meine Denkmaschine in Gang: Wo könnte ich jetzt noch Pflänzchen kaufen? Fahre ich noch auf einen anderen Markt? Fahre ich in ein Garten-Center? Die Gedanken wollen das Thema nicht loslassen. Sie suchen zwanghaft nach einem Ersatz.

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