Ich war in dieses Land gekommen, um zu bleiben. Deutschland hatte ich für immer den Rücken gekehrt. Sofort habe ich geschaut, wo und wie ich mich verwurzeln konnte. Oft, sehr oft und immer wieder fuhr ich an den Strand und machte lange Spaziergänge. Ich begann das Meer, seine unendliche Weite, den Wind und den Wechsel von Ebbe und Flut zu lieben. Ich fand ein Café, das ich sehr mochte und ging immer wieder dorthin. Irgendwann brachte die Bedienung mir meinen Flat White ohne zu fragen. Ich entdeckte auch andere Lieblingsorte. Ich fuhr sehr gerne die Port Hills hinauf und genoss den Blick über die Stadt zur einen und auf die Bucht von Diamond Harbour zur anderen Seite. Ich lernte Crumpets lieben und Cheese Scones und Fish & Chips. Aber wie fehlte mir das deutsche Brot, das Glockenläuten sonntags morgens und die Hanuta-Waffeln. Ich gewöhnte mich an den Linksverkehr und an das wechselhafte Wetter. Wenn morgens die Sonne schien, konnte es eine Stunde später schon regnen oder ein kalter Südwind blasen. Auf das Wetter war nicht einmal einen Tag lang Verlass. Ich lernte, dass ein „How are you?“ keine Antwort erforderte, sondern immer mit einem „Good, thanks. How are you?“ beantwortet wurde. Schwer tat ich mich damit, dass die Tage im April kürzer wurden und es im Mai anfing kalt zu werden. Mein Geburtstag lag nun im Winter, im Juli. Ich lernte das dünnbesiedelte Land, die so andersartige Natur und die Berge in ihrer Abgeschiedenheit lieben. Ich vermisste am Himmel den Großen Wagen und entdeckte dafür das Kreuz des Südens. Menschen, die ich kennenlernte, wuchsen mir ans Herz. Ich ließ mich ganz tief auf dieses Land ein und lernte es mit jeder Faser lieben.
Weil meine berufliche Situation sich immer weiter verschlechterte, entschied ich mich jedoch nach vier Jahren schweren Herzens, nach Deutschland zurückzukehren. Vier Mal habe ich inzwischen das Land wieder besucht. Ich fühle mich dort sehr vertraut und sehr fremd, beides. Auch wenn es nun 20 Jahre her ist, dass ich Neuseeland verlassen habe, werde ich dem Land immer verbunden bleiben.
Hast du schon einmal angefangen, in einem anderen Land Wurzeln zu schlagen? Was hast du entdeckt und was hat dir gefehlt?