Ferienlektüre

Teil 1

Ich verbringe meinen Urlaub auf einem Zeltplatz am Meer. Ich habe zwei Bücher mitgenommen und merke dort erst, dass mich die beiden Bücher nicht ansprechen. Ich überlege, was ich machen kann. Ich spreche ein Paar in einem deutschen Wohnmobil an und frage sie, ob sie vielleicht Bücher dabei hätten, die sie schon ausgelesen hätten und weiterzugeben bereit wären. Sie müsse mal schauen, antwortet die Frau.
Am nächsten Morgen sitze ich vor dem Zelt und frühstücke. Die Frau aus dem Wohnmobil kommt mit einem Stapel Bücher auf mich zu. Diese Bücher hätten sie schon ausgelesen, die könne ich haben, sagt sie. Ich freue mich: Da wird bestimmt etwas für mich dabei sein.

Hast du schon mal um etwas gebeten? Wie war das für dich? Konntest du leicht darum bitten? Oder fiel es dir schwer?

Wurdest du schon mal um etwas gebeten? Hast du es geben oder tun können? Hast du es aus freiem Herzen geben oder tun können?

Teil 2

Die Frau beginnt, mir jedes Buch einzeln zusammenzufassen und zu berichten, wie sie selbst und ihr Mann es fanden. Sie erzählt, wo das eine Buch spiele und dass sie diese Orte abgefahren und auch in dem Restaurant gewesen seien, das in dem Roman erwähnt wird. Sie erzählt mir von diversen anderen Fahrten mit dem Wohnmobil, wo sie schon gewesen seien, was sie dort erlebt hätten und warum sie an bestimmte Orte nicht mehr fahren würden und warum sie so gerne an diesen Ort hier kämen. Sie erzählt mir von einer Panne auf der Autobahn, was ihnen dabei passiert sei, wie lange sie auf den Abschleppdienst gewartet hätten, was der dann gemacht habe und wie heiß es da gewesen sei und dass sie nichts zu trinken dabei gehabt hätten.
Ich sehe auf meinen Teller. Ich habe mein Brot nur zur Hälfte gegessen und meinen Kaffee zur Hälfte getrunken. Die Frau erzählt weiter.
Ich freue mich über die Bücher und würde auch gerne weiter frühstücken. Ich nehme einen Anlauf, um sie zu unterbrechen und nehme meine Gedanken wahr: Jetzt hat die Frau dir die Bücher gebracht, da darfst du doch nicht unhöflich sein und sie unterbrechen.
Ich werde ungeduldig. Ich möchte weiter frühstücken. Meine Zuhörkapazität ist schon lange erschöpft. Ich höre nicht mehr zu. Meine Gedanken hindern mich daran, sie zu unterbrechen. Nach weiteren langen Berichten kommt irgendwann ihr Mann, der sie sucht und sie gehen. Ich bin erleichtert und kann endlich zu Ende frühstücken.
Ich habe Höflichkeit über Selbstfürsorge gestellt. Ich nehme mir vor, das nächste Mal besser für mich zu sorgen.

Wie oft hast du jemandem schon länger zugehört, als du wirklich wolltest? Was hat dich daran gehindert, dein Gegenüber zu unterbrechen? Wie ging es dir in der Situation?

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