Wenige Monate, nachdem mein Mann und ich nach Neuseeland ausgewandert waren, trennten wir uns. Ich fühlte mich so verloren, völlig fremd. Ich war am anderen Ende der Welt. Ich kannte niemanden und war ganz auf mich gestellt. Finstere Wochen folgten. Ich schleppte mich dahin. Zurückzugehen war keine Option für mich, soviel stand fest. Also musste ich bleiben und weitermachen. Was konnte mir hier Halt geben? Ich machte mich auf die Suche. Erst schaute ich nach einer Gemeinde der Kirche, mit der ich aufgewachsen war. Es gab eine lutheranische Gemeinde in Christchurch. Ich fuhr in die kleine Kirche, die einzige, die die Lutheraner dort hatten. Ich wurde herzlich begrüßt und willkommen geheißen. Dennoch fühlte ich mich dort nicht wohl. Ich suchte weiter und ging zu Gottesdiensten und Messen verschiedener Religionen, von allen, die ich in der Stadt finden konnte. Ich ging zu den Anglikanern, den Baptisten, den Orthodoxen, den Evangelikanern und den Quäkern. Ich fand es total spannend, die verschiedenen Rituale kennenzulernen. Bei jedem Besuch überprüfte ich, ob ich mich dort wohlfühlte und etwas wie Geborgenheit verspürte. Ich war von allen Religionen beeindruckt, ohne jedoch das zu finden, was ich suchte. Irgendwann besuchte ich die Messe der katholischen Basilika. Mir gefiel, dass sie durch den Chor begleitet wurde und ich genoss es, die vertraute Musik von Bach zu hören. Irgendetwas bewegte mich, ein weiteres Mal dorthin zu gehen. Ich erfuhr, dass es auch täglich um 12 Uhr eine 30minütige Messe gab. Da die Basilika genau hinter der Polytechnic-Hochschule lag, wo ich zu der Zeit arbeitete, konnte ich sie jeden Tag in meiner Mittagspause besuchen. Sie wurde zu einem festen Bestandteil meines Tagesablaufes. Die immer wiederkehrenden Rituale und der feste Ablauf gaben mir Struktur und inneren Halt in der mir so fremden Welt.
Woran kannst du dich festhalten, wenn du den Boden unter den Füßen verlierst? Was gibt dir inneren Halt?