Die Sonne scheint an diesem kalten Wintertag und lädt zum Spazierengehen ein. Erst laufe ich meinen üblichen Weg durch den Wald. Leider liegt er im Schatten. Ich möchte so gerne in der Sonne laufen. Zu selten hat sie sich in der letzten Zeit gezeigt. Also entscheide ich mich abzubiegen. Einen Moment lang laufe ich in der Sonne, bis auch dieser Weg schattig wird. Wieder biege ich ab und nehme den nächstmöglichen Weg, um in der Sonne zu gehen. Und so mache ich es nochmal und nochmal. Ich lasse los und lasse mich treiben. Ich mache mir keine Gedanken, wohin die Wege führen und ob ich den Weg zurück finde. Ich folge einfach nur der Sonne.
Nach einer ganzen Weile sehe ich Häuser am Waldrand. Ich frage eine Spaziergängerin, in welcher Richtung der Sportplatz liegt. Sie meint, ich solle am besten der Hauptstraße folgen. Nein, denke ich, ich will lieber einen Weg abseits der Hauptstraße finden. Ich laufe durch ein mir unbekanntes Wohngebiet, biege mal links ab, mal rechts. Auch hier lasse ich mich treiben. Ich laufe durch fremde Straßen, eine Sackgasse entlang, an deren Ende doch noch eine Treppe weiterführt. Als ich wieder Spaziergänger treffe, frage ich nochmals nach dem Weg Richtung Sportplatz. Ich finde den Eingang zu einem kleinen Park, den ich als Teil des Friedhofs erkenne und gehe weiter in Richtung meiner Wohnung.
Endlich wieder zu Hause angekommen, merke ich, wie erfüllt ich bin.
Die Menschen, die ich nach dem Weg gefragt habe, waren so freundlich und hilfsbereit. Und mich treiben zu lassen ist etwas, was ich sonst an neuen Urlaubsorten zu machen liebe. Ich streife gerne durch mir fremde Städte, biege mal rechts, mal links ab und lasse mich überraschen, welche Kirche oder welches Café mich an der nächsten Ecke erwartet. Genau dieses Urlaubsgefühl bringe ich von diesem Spaziergang mit nach Hause.
Wann hast du dich mal oder zum letzten Mal treiben lassen? Wie hat es sich für dich angefühlt?