Es ist jetzt ein Jahr her: Ich hatte 16 Jahre lang einen eigenen kleinen Raum in der Schule. Die Wände hatte ich mit einer Weltkarte und den selbstgemalten Länderflaggen der Herkunftsländer meiner Schüler*innen dekoriert. Ich fühlte mich sehr wohl in dem Raum. Es war wie eine kleine Oase für mich und sicherlich auch für den einen oder die andere Schüler*in. Dann sprach mich eine Person aus der Schulleitung an, der Raum würde gebraucht und ich solle umziehen. Ich sagte: Nein! Das blieb dann erst mal so stehen. Einige Wochen später, morgens zwischen Tür und Angel, sagte sie mir dann: Das ist jetzt eine Anweisung. Du ziehst um! Der Raum wird anderweitig gebraucht.
Ich zog in einen anderen Raum um.
Die Geschichte hat zwei Aspekte für mich: Die sachliche Ebene und die persönliche Ebene. Zum einen, dass ich „meinen“ Raum aufgeben musste und zum anderen die Art und Weise, wie mir das mitgeteilt wurde. Inhaltlich kann ich durchaus nachvollziehen, dass der Raum für etwas anderes dringender gebraucht wurde. Auf der persönlichen Ebene jedoch hätte ein kurzes persönliches Gespräch den Schmerz für mich wesentlich gemildert, eine Erklärung, warum der Raum nun für andere Zwecke dringender gebraucht werde, vielleicht auch ein Bedauern, dass das nun notwendig sei. So lebt der Schmerz heute noch in mir.
Nehme ich mir angemessene Zeit, wenn ich jemandem etwas Wichtiges mitzuteilen habe? Und drücke ich Mitgefühl aus, wenn es etwas Unangenehmes ist?