Holleck-Weithmann

Was ich mir selbst nicht verzeihen kann

Ich habe große Angst, in Weihern und Seen zu baden, wenn ich den Boden nicht sehen kann, und ganz besonders schlimm ist es bei Staudämmen. Ich traue mich nur ins Wasser, wenn jemand mit mir geht und an meiner Seite bleibt. Ich habe sogar schon einmal EMDR-Therapiestunden genommen, um diese Ängste aufzulösen. Leider ohne Erfolg … Es nagt an mir, wenn ich bei schönem Wetter andere schwimmen gehen sehe, ich aber am Ufer sitze und mich nicht ins Wasser traue. Ich kann es mir selbst nicht verzeihen, solche Gelegenheiten nicht wahrnehmen zu können.

Gibt es etwas, was du dir selbst noch nicht verzeihen kannst?

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Familie

In einem Seminar regte uns die Leiterin an, einmal nachzuforschen, was wir von unseren einzelnen Familienmitgliedern gelernt haben. Ich fing an nachzudenken: Von meinem Bruder habe ich gelernt, einen platten Reifen an einem Fahrrad zu reparieren und Rechnungen und andere wichtige Unterlagen in einem Ordner einzusortieren. Meine Schwester brachte mir die Welt der lateinamerikanischen Musik und des Jazz näher. Von meiner Mutter habe ich die Liebe zur Erde und zum Gärtnern gelernt und von meinem Vater Duldsamkeit und die Liebe zur Sorgfalt.

Was hast du von den einzelnen Mitgliedern deiner Familie positives gelernt?

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Einfach nur zufrieden

Im Auto auf dem Weg nach Hause bemerke ich plötzlich, dass mich eine tiefe Zufriedenheit erfüllt. Ich gehe den Tag in Gedanken durch und überlege, was dieses Gefühl ausgelöst haben könnte. Ich kann keine Ursache für meine Zufriedenheit finden. Es ist einfach ein herrlich sonniger Herbsttag. Später sitze ich mit einer Tasse Tee draußen in der Sonne, meine Katze liegt neben mir und genießt die Wärme anscheinend auch. Und das reicht. Ich bin einfach grundlos zufrieden.

Kennst du Momente, in denen du grundlos zufrieden bist? Wann warst du es zum letzten Mal?

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Zelten II

Ich liebe es zu zelten. Ich liebe es, in den Sommerferien für zwei bis drei Wochen auf meinen üblichen Luxus zu verzichten. Alles, was ich fürs Kochen brauche, passt in eine Kiste: Ein Teller, ein Messer, ein Löffel, eine Gabel, ein Becher, ein Topf, ein Kocher mit 1 Flamme. Das reicht. Alles, was ich aus meinem Badezimmer brauche, passt in meinen Kulturbeutel. Und ich bin ganz nah an der Natur dran. Ich höre den Regen direkt über mir auf das Zeltdach fallen. Ich spüre die Feuchtigkeit, die sich ausbreitet und die Kühle der Nacht. Die Sonne weckt mich morgens und ich gehe ins Bett, wenn sie untergeht, weil ich in dieser Zeit kein elektrisches Licht habe.
Und wie sehr ich es dann genieße, wieder zu Hause in meiner Küche zu kochen mit allem, was meine Küche so bietet. Und mich in meinem Bad auszubreiten. Alles in meiner Wohnung kann ich dann wieder ganz bewusst als Luxus genießen.

Was alles stellt für dich Luxus dar? Kannst du den Luxus, den du hast bewusst genießen?

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Wj und Wa

Vor einigen Jahren bekamen alle Kolleg*innen in der Schule Kürzel für ihre Nachnamen. Ich bekam „Wj“. Ich konnte mich damit so gar nicht anfreunden und hätte viel lieber „Wa“ gehabt. Ich ging zur Schulleitung, die diese Kürzel erstellt hatte und bat, mir doch „Wa“ zu geben. „Das geht nicht“, antwortete man mir, „das hat schon die Kollegin Walthoff.“ Die Kollegin Walthoff war erst vor wenigen Monaten an die Schule gekommen. Ich war schon 18 Jahre an der Schule. Wie sehr hätte ich mich über das Entgegenkommen gefreut, wenn die Schulleitung mich gefragt hätte, welches Kürzel ich haben wollte oder ich mir das Kürzel selbst hätte aussuchen können.

Wenn du eine Entscheidung triffst, fragst du in den Fällen, in denen es möglich ist, die Beteiligten, ob sie damit einverstanden sind?

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Teamfortbildung

Eine Kita hatte mich für eine Teamfortbildung für drei Termine über das Jahr verteilt gebucht. Beim ersten Termin waren alle Teilnehmerinnen sehr zurückhaltend. Sie beteiligten sich nur, wenn ich sie direkt ansprach. Ich fuhr angestrengt und unzufrieden nach Hause. Für den zweiten Termin zwei Monate später bereitete ich viele Übungen vor in der Hoffnung, dass sich die Teilnehmerinnen mehr beteiligen würden. Und auch dieser Termin gestaltete sich sehr zäh. Zwei Frauen beteiligten sich etwas aktiver, die Mehrheit schwieg nach wie vor. Zwei Monate vergingen. Für den dritten Termin befürchtete ich wieder zähe Stunden und war insgeheim froh, dass es der letzte war. Zu meiner großen Überraschung gestaltete sich dieser Nachmittag jedoch dann so ganz anders. Irgendwie war der Knoten geplatzt und alle beteiligten sich nun reghaft und begeistert bis auf eine Ausnahme. Der Funke war übergesprungen. Es wurde ein ganz lebendiger Austausch, von dem die Teilnehmerinnen wohl viel mitnehmen konnten. Die Leiterin verabschiedete mich mit den Worten, sie wolle für das Folgejahr noch einmal drei Teamfortbildungen mit mir beantragen. Nach dem Termin ging ich noch eine Runde spazieren. Ich war so erfüllt von der Freude, dass der Funke übergesprungen und die Gruppe in einen lebendigen Austausch gekommen war. Ich genoss diese Freude und die tiefe Befriedigung, in Leichtigkeit beigetragen zu haben. Für die Zeit des Spaziergangs erlaubte ich mir, diese Gefühle zu genießen und ließ sie in jede Zelle sickern.

Wozu hast du zuletzt beigetragen? Kannst du es genießen, wenn dir etwas gelungen ist, ohne Wenn und Aber?

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Nein, bei mir war das ganz anders

Ich unterhalte mich mit einer Bekannten, die auch im Ausland gelebt hat. Ich erzähle ihr, wie anstrengend die Jahre in Indien für mich waren: die Überbevölkerung, die Luftverschmutzung, die Hitze, der Monsun und wie froh ich sei, in Deutschland zu leben. „Waaas? Nein!“, sagt sie. „Aber das Leben in Deutschland ist doch so furchtbar eintönig. Ich habe meine Jahre im Ausland geliebt, mit all ihren Schwierigkeiten und ich bin sehr ungern nach Deutschland zurückgekommen!“ Sie führt aus, warum sie viel lieber dort geblieben wäre und erwartet meine Zustimmung, dass das Leben im Ausland doch viel interessanter sei als in Deutschland. Ich sage schließlich: „Das macht es doch so spannend, dass die Menschen das Leben so unterschiedlich erleben. Da gibt es auch kein Richtig und Falsch. Alle Erfahrungen und Sichtweisen haben ihre Berechtigung.“ Und füge noch hinzu: „Alles darf sein!“

Kannst du die Meinungen anderer einfach so stehen lassen? Ohne ein „ja aber“ oder ein „bei mir war das soundso“?

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Cello solo

Ich gehe zu einem einstündigen Solokonzert für Cello im Rahmen des Städtischen Sommerprogramms. Das Cello ist für mich nicht so das klassische Soloinstrument, dennoch bin ich offen, mich darauf einzulassen. Der Musiker beginnt mit Stücken von Bach. Bach bedeutet für mich Orchester und Klangfülle. Wenn Bach nur vom Cello gespielt wird, spricht mich das nicht so an, merke ich. „Hmm …“, denke ich, eher etwas enttäuscht. Dann spielt der Cellist ein Stück von dem ungarischen Komponisten György Ligeti. Ich kenne zwar den Namen des Komponisten, hatte bis dahin aber noch nie bewusst etwas von ihm gehört. Was für eine Herausforderung für meine Ohren! Es ist nichts Eingängiges, keine leichte Kost. Ich öffne meine Hörkanäle und gehe mit. Das Stück geht weit über meine Hörgewohnheiten hinaus und ich muss mich überwinden, um nicht abzuschalten. Als nächstes spielt der Musiker ein Stück eines zeitgenössischen Komponisten, Giovanni Solinas, der mir völlig unbekannt ist. Bei diesem Stück werde ich sogar noch mehr gefordert. Der Musiker begleitet das Stück auch stimmlich und entlockt seinem Instrument Töne und Klänge, die ich dem Cello nie zugetraut hätte. Völlig Unerwartetes trifft in diesem Stück zusammen. Es ist ein Feuerwerk, bunt und überraschend. Ich folge ihm wie einem Krimi. Ich halte vor Spannung die Luft an. Was kommt als nächstes? Am Ende des Stückes sitze ich völlig überwältigt da und aus meinem Mund kommt ein lautes „Bravo“. Was für ein Hörerlebnis! Und was für eine Überraschung dieses Konzert geworden ist.

Bist du bereit, dich für neue Hörerlebnisse zu öffnen? Wann hast du das letzte Mal eine für dich neue Musik bewusst angehört?

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Tango tanzen I

Ich habe schon vieles in meinem Leben zu lernen versucht und bin oft an meiner Ungeduld gescheitert. In meiner Zeit in Delhi habe ich versucht, Hindi zu lernen. Ich wollte diese Sprache so, so gerne sprechen können. Das Können war mir viel wichtiger als das Lernen. Leider bin ich damit nicht sehr weit gekommen. Ich habe auch einmal an einem Badmintonkurs teilgenommen und bin dann doch beim Federballspielen geblieben. Irgendwann habe ich versucht Bridge zu lernen. Ich wollte dieses Kartenspiel unbedingt spielen können und verlor doch auf dem Weg dahin die Geduld. Jetzt habe ich angefangen, Argentinischen Tango tanzen zu lernen. Und ich genieße das Lernen. Ich muss nicht wie sonst sofort tanzen können. Ich genieße, etwas Neues zu lernen, ohne Ungeduld. Ich freue mich jedes Mal auf den Tanzkurs, ohne mich zu fragen, wann ich wohl endlich Tango werde tanzen können.

Was hast du in deinem Leben mit viel Geduld erreicht? Und wo stehst du dir mit deiner Ungeduld im Wege?

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Konzertkarten

Einen Tag vor meinem Urlaub Ende Juli rufe ich bei Proticket an und bestelle zwei Karten für ein Konzert im September. Frau W., mit der ich spreche, erklärt mir, dass sie das Geld von meinem Konto abbuchen und mir die Eintrittskarten per Mail zuschicken werde. Im Urlaub erreicht mich kein Mail mit den Tickets. Da es noch lange hin ist bis zu dem Konzert, mache ich mir keine Gedanken. Nach meinem Urlaub sehe ich auf meinen Kontoauszügen, dass das Geld für die Karten abgebucht wurde. Ich schreibe ein Mail an Frau W. und frage sie, was da schiefgelaufen sei. Daraufhin finde ich auf meinem Anrufbeantworter eine Nachricht von Frau W. vor, sie werde sich am nächsten Tag nochmal bei mir melden. Ich erzähle das der Person, mit der ich in dieses Konzert gehen will. „Oh, oh“, meint sie, „hoffentlich geht das gut!“ Als Frau W. am nächsten Tag anruft, sagt sie mir, das Mail mit den Tickets sei am gleichen Tag wie die Abbuchung rausgegangen. Ich will nochmal in meinem Postfach nachschauen. Sollte ich das Mail wirklich übersehen haben? Noch bevor ich den PC hochgefahren habe, klingelt wieder das Telefon. Frau W. berichtet mir, sie habe den Fehler entdeckt. Sie habe das Mail an Christina Wanjura geschickt und nicht an Christine Wanjura, deshalb sei es nicht angekommen. Sie schicke mir das Mail sofort noch einmal zu, diesmal an die richtige Adresse. „Das kann passieren,“ sage ich und bedanke mich für ihren letzten Anruf. Das Mail mit den Konzertkarten sehe ich zehn Minuten später in meinem Postfach.

Wenn etwas schiefläuft, hast du die Ruhe, erstmal nachzufragen, was denn genau passiert ist?

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