Christine Wanjura

Das Ende einer Freundschaft

Ich habe Caro und Tim vor ca. 23 Jahren in Christchurch kennengelernt. Sie waren auch gerade ausgewandert und wir trafen uns oft und tauschten uns aus. Irgendwann entschied ich mich, nach Deutschland zurückzugehen. Caro kam zwei oder drei Mal nach Deutschland und besuchte ihre Eltern. Bei diesen Gelegenheiten trafen wir uns. Wir freuten uns, einander zu sehen, uns auszutauschen und uns über unser Leben auf dem Laufenden zu halten. 2016 flog ich nach Neuseeland und besuchte sie in Nelson, wo sie zwischenzeitlich hingezogen waren. Ich verbrachte eine schöne Woche bei ihnen. 2020 wollten Caro und ich zusammen nach Australien fliegen. Wegen Corona mussten wir alle Pläne fallen lassen. Im Juni oder Juli ’22 hatte Neuseeland die Grenzen wieder geöffnet und Reisen dahin waren wieder möglich. Ohne viel Vorplanung buchte ich einen Flug nach Christchurch und schrieb Caro meine Pläne. Ihre Reaktion war sehr verhalten im Vergleich zu 2016. Sie freue sich, dass das Reisen wieder möglich sei. Nichts in ihrem Mail drückte den Wunsch aus, dass wir uns treffen mögen. Erst auf meine Nachfrage hin, wann wir uns sehen würden, lud sie mich zu sich nach Nelson ein. Auf meine Bitte hin, ob es nicht möglich sei, dass sie nach Christchurch käme, antwortete sie, ihr Auto sei 25 Jahre alt und sie wolle nicht mehr so weit damit fahren. Auf meine Idee hin, uns auf halbem Weg zu treffen, meinte sie, sie habe gerade nicht genug Geld. Bei meinem dritten Angebot, ich würde ihr die Busfahrt nach Christchurch bezahlen, hatte sie wiederum ein anderes Argument. Ich rief sie an und versuchte herauszufinden, was sich für sie verändert hatte. Bei diesem Telefonat konnte ich für mich nicht erschließen, was bei ihr passiert war. Wir haben uns schlussendlich nicht getroffen. Ich war wirklich sehr enttäuscht. War ich doch ans andere Ende der Welt gereist – auch, um sie wiederzusehen. Mir ist Klarheit wichtig und es fällt mir wesentlich leichter, damit umzugehen, wenn jemand zu mir sagt: “Du, für mich hat sich einfach ganz viel verändert,” als wenn ich hingehalten werde oder ausweichende Antworten erhalte.

Wie teilst du einer Person mit, wenn du sie nicht mehr sehen möchtest? Wie gehst du damit um, wenn jemand den Kontakt zu dir beendet?

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Verwurzelt

Ich war in dieses Land gekommen, um zu bleiben. Deutschland hatte ich für immer den Rücken gekehrt. Sofort habe ich geschaut, wo und wie ich mich verwurzeln konnte. Oft, sehr oft und immer wieder fuhr ich an den Strand und machte lange Spaziergänge. Ich begann das Meer, seine unendliche Weite, den Wind und den Wechsel von Ebbe und Flut zu lieben. Ich fand ein Café, das ich sehr mochte und ging immer wieder dorthin. Irgendwann brachte die Bedienung mir meinen Flat White ohne zu fragen. Ich entdeckte auch andere Lieblingsorte. Ich fuhr sehr gerne die Port Hills hinauf und genoss den Blick über die Stadt zur einen und auf die Bucht von Diamond Harbour zur anderen Seite. Ich lernte Crumpets lieben und Cheese Scones und Fish & Chips. Aber wie fehlte mir das deutsche Brot, das Glockenläuten sonntags morgens und die Hanuta-Waffeln. Ich gewöhnte mich an den Linksverkehr und an das wechselhafte Wetter. Wenn morgens die Sonne schien, konnte es eine Stunde später schon regnen oder ein kalter Südwind blasen. Auf das Wetter war nicht einmal einen Tag lang Verlass. Ich lernte, dass ein “How are you?” keine Antwort erforderte, sondern immer mit einem “Good, thanks. How are you?” beantwortet wurde. Schwer tat ich mich damit, dass die Tage im April kürzer wurden und es im Mai anfing kalt zu werden. Mein Geburtstag lag nun im Winter, im Juli. Ich lernte das dünnbesiedelte Land, die so andersartige Natur und die Berge in ihrer Abgeschiedenheit lieben. Ich vermisste am Himmel den Großen Wagen und entdeckte dafür das Kreuz des Südens. Menschen, die ich kennenlernte, wuchsen mir ans Herz. Ich ließ mich ganz tief auf dieses Land ein und lernte es mit jeder Faser lieben.
Weil meine berufliche Situation sich immer weiter verschlechterte, entschied ich mich jedoch nach vier Jahren schweren Herzens, nach Deutschland zurückzukehren. Vier Mal habe ich inzwischen das Land wieder besucht. Ich fühle mich dort sehr vertraut und sehr fremd, beides. Auch wenn es nun 20 Jahre her ist, dass ich Neuseeland verlassen habe, werde ich dem Land immer verbunden bleiben.

Hast du schon einmal angefangen, in einem anderen Land Wurzeln zu schlagen? Was hast du entdeckt und was hat dir gefehlt?

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Regenstimmung

Die Wolken hängen tief im Tal und verdecken die Kämme der Berge. An den Ästen haben sich Tropfen vom Regen gesammelt. Seit Tagen regnet es, mal stärker, mal gibt es kurze Regenpausen. Die Vögel singen ohne Unterlass. Die Nässe lässt sie nicht verstummen. Die Bäume harren aus. Sie jammern nicht über zu viel Regen, sie warten nicht sehnsüchtig auf die Sonne. Stille. Bis auf die Vögel, die unbeeindruckt weiter singen. In der Ferne ist das intensive Rauschen eines Flusses zu hören, der vom vielen Niederschlag stark angeschwollen ist. Der Boden ist gesättigt und der Weg voller Pfützen. Die Gleichmütigkeit der Natur nimmt mich gefangen. Ich frage mich, ob es einen Raum in mir gibt, der unbeeindruckt und ruhig bleibt, egal welches Wetter um mich herum herrscht.

Gibt es einen Raum in dir, der ruhig und unbeeindruckt bleibt, egal was um dich herum geschieht?

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Überschwemmung

Drei Tage hat es durchgeregnet, eine Menge an Wasser, die sonst in drei Jahren fällt. Gestern, als ich die Strecke von Spring Junction nach Norden fuhr, war schon erkennbar, dass die Wiesen bis zur Brücke links und rechts der Straße regendurchtränkt waren. Sonst war noch nichts weiter auffällig. Heute morgen stehen Warnschilder an der Straße: Flooding. Noch denke ich mir nichts dabei. Als ich die Brücke überquere, erblicke ich vor mir nur noch eine einzige Wasserfläche. Die Wiesen können den Regen schon lange nicht mehr aufnehmen. Zudem hat der Fluss sein Bett verlassen und das Land übernommen. Es ist nicht mehr erkennbar, wo das Flussbett sich durch die Grasweiden schlängelt, und wo das Land ist. Nur die Straße ist gerade noch als ein dunkler Streifen im Wasser auszumachen. Ich traue mir zu, diese stehende Wasserfläche noch zu durchfahren. Aber dann, wenige Meter weiter, erwartet mich ein ganz anderes Bild. Der Fluss strömt quer über die Straße. Wie hoch das Wasser hier ist, ist nicht mehr erkennbar. Ob ich mit dem Auto da noch durchfahren kann? Ich halte an und überlege. Wie komme ich denn sonst zurück nach Christchurch? Oder muss ich noch weitere Tage im Motel bleiben, bis die Überschwemmungen zurückgehen? Ich warte darauf, dass mir ein anderes Auto entgegenkommt, um zu schauen, wie der/die Fahrer*in sich verhält. Wenn jemand anders sich das traut, dann werde ich das wohl auch können. Lange kommt niemand. Ob vielleicht die Straße auf der anderen Seite gesperrt ist, so dass gar niemand mehr durchkommen kann? Und dann, nach einer ganzen Weile, sehe ich ein entgegenkommdes Auto. Es fährt langsam auf den Abschnitt zu, den der Fluss überströmt und durchquert ihn in der vermuteten Mitte der Fahrbahn. Also ist es noch möglich, denke ich. Mein Herz rast. Was ist, wenn ich es nicht schaffe und die Strömung mich in die Wiesen abdrängt? Mit durchgedrücktem Gaspedal durchfahre ich die Strömung und spüre die Kraft, mit der das Wasser seitlich gegen das Auto drückt. Ich muss mit dem Lenkrad gegensteuern und sekundenlang kämpfe ich mit dem Wasser unter mir. Ich komme sicher auf der anderen Seite an und bin froh, als ich das Hochwassergebiet irgendwann verlasse.

Bist du schon einmal den Naturgewalten ausgesetzt gewesen? Was hast du erlebt und wie hast du reagiert?

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Auf der Suche

Wenige Monate, nachdem mein Mann und ich nach Neuseeland ausgewandert waren, trennten wir uns. Ich fühlte mich so verloren, völlig fremd. Ich war am anderen Ende der Welt. Ich kannte niemanden und war ganz auf mich gestellt. Finstere Wochen folgten. Ich schleppte mich dahin. Zurückzugehen war keine Option für mich, soviel stand fest. Also musste ich bleiben und weitermachen. Was konnte mir hier Halt geben? Ich machte mich auf die Suche. Erst schaute ich nach einer Gemeinde der Kirche, mit der ich aufgewachsen war. Es gab eine lutheranische Gemeinde in Christchurch. Ich fuhr in die kleine Kirche, die einzige, die die Lutheraner dort hatten. Ich wurde herzlich begrüßt und willkommen geheißen. Dennoch fühlte ich mich dort nicht wohl. Ich suchte weiter und ging zu Gottesdiensten und Messen verschiedener Religionen, von allen, die ich in der Stadt finden konnte. Ich ging zu den Anglikanern, den Baptisten, den Orthodoxen, den Evangelikanern und den Quäkern. Ich fand es total spannend, die verschiedenen Rituale kennenzulernen. Bei jedem Besuch überprüfte ich, ob ich mich dort wohlfühlte und etwas wie Geborgenheit verspürte. Ich war von allen Religionen beeindruckt, ohne jedoch das zu finden, was ich suchte. Irgendwann besuchte ich die Messe der katholischen Basilika. Mir gefiel, dass sie durch den Chor begleitet wurde und ich genoss es, die vertraute Musik von Bach zu hören. Irgendetwas bewegte mich, ein weiteres Mal dorthin zu gehen. Ich erfuhr, dass es auch täglich um 12 Uhr eine 30minütige Messe gab. Da die Basilika genau hinter der Polytechnic-Hochschule lag, wo ich zu der Zeit arbeitete, konnte ich sie jeden Tag in meiner Mittagspause besuchen. Sie wurde zu einem festen Bestandteil meines Tagesablaufes. Die immer wiederkehrenden Rituale und der feste Ablauf gaben mir Struktur und inneren Halt in der mir so fremden Welt.

Woran kannst du dich festhalten, wenn du den Boden unter den Füßen verlierst? Was gibt dir inneren Halt?

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Abgeschiedenheit

Ich sitze in den Neuseeländischen Alpen in einem Motel im Sessel und schaue auf den Regen draußen. Als ich ankam, hat mir der Manager alles gezeigt, mir noch etwas frische Milch für den Tee gebracht und sich dann wieder zurückgezogen. Die beiden anderen Zimmer sind nicht vermietet. Niemanden zieht es zu dieser Jahreszeit in die Abgeschiedenheit. In 30 Kilometer Entfernung gibt es einen Fish & Chips Shop, der allerdings wegen der Pandemie nur Take-Away-Gerichte macht und um 16 Uhr schließt. Reids Store, den ich durch das Fenster sehen kann und der laut Internet köstlichste Gerichte anbietet, hat zugemacht. Gegen halb vier kommt der kleine Schulbus, holt acht Kinder von der Schule ab und bringt sie zurück zu ihren weitverstreut gelegenen Farmen. Dann gibt es nur noch den Regen. Ich beobachte, wie sich die Menge und Intensität der Tropfen, die in die Pfützen fallen, verändert. Ab und an höre ich ein Auto auf der Verbindungsstraße von der Ostküste nach Westen oder nach Norden. Sonst nichts. Drumherum nur Natur. Es gibt nichts zu besichtigen oder zu erledigen. Wanderungen sind im Dauerregen wenig einladend und wegen der Überschwemmungen gefährlich. Die Tropfen, die in die Pfützen fallen, sind jetzt ganz fein, ein Nieselregen. Ein Auto kommt. Die Fahrerin steigt aus und geht zu den Postfächern. Jetzt hämmern starke Regentropfen herab. Die Frau springt in ihr Auto zurück und fährt weg. Es fängt an zu dämmern und es ereignet sich nichts weiter. Ich füge mich in die Abgeschiedenheit des Ortes, die Ereignislosigkeit, den Regen und genieße es.

Kennst du Abgeschiedenheit und Ereignislosigkeit? Was lösen sie in dir aus?

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Linksverkehr

In Neuseeland ist alles verkehrt herum: Der Verkehr fährt entgegengesetzt zu dem, was mir in Fleisch und Blut übergegangen ist, nämlich links. Wenn ich losfahren will, gehe ich ganz automatisch an die linke Seite des Mietautos und merke erst dann, dass das Lenkrad auf der rechten Seite ist. Nach jedem Parken und nach jedem Tanken will ich wieder aufs Neue auf der ‘falschen’ Seite einsteigen. In der Stadt passe ich mich dem Verkehrsfluss an, das gelingt ganz gut. Als ich jedoch ein Wochenende in die Berge fahre und der Verkehr weniger wird, muss ich mich ganz bewusst darauf konzentrieren, auf der linken Seite zu bleiben. Irgendwann mache ich eine Pause. Als ich vom Parkplatz wieder auf die Straße fahre, stelle ich mit Schrecken fest, dass ich auf der rechten Fahrbahn fahre und lenke sofort nach links rüber. Gott sei Dank kam mir gerade niemand entgegen. Ganz besonders irritierend finde ich es, wenn ich mal mit jemandem mitfahre. Ich sitze dann auf der mir gewohnten Fahrerseite und habe weder Lenkrad noch Pedale. Meine Füße jedoch bremsen ganz automatisch bei jeder roten Ampel mit.
Wenn ich zu Fuß unterwegs bin und eine Straße überqueren will, schaue ich automatisch in die falsche Richtung. Von links kommt kein Auto, da ist immer frei. Einmal betrete ich die Fahrbahn und höre ein lautes Hupen. Da erst begreife ich, dass ich nach links anstatt nach rechts geschaut habe. Gott sei Dank ist nichts passiert. Als Fußgängerin in der Stadt oder auf Rolltreppen in einem Einkaufszentrum wundere ich mich, dass ich öfter Menschen anremple, bis ich auch da begreife, dass ich auf der falschen Seite gehe oder stehe. Sobald ich das Haus verlasse, muss ich mich auf den Verkehr konzentrieren. Die erste Woche und vielleicht noch länger bin ich abends völlig erschöpft.

Hast du schon einmal eingefleischte Gewohnheiten umstellen müssen? Was ist dir dabei alles passiert?

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Kia Ora in Aotearoa – Willkommen im Land der langen weißen Wolke

Wenn ich in Deutschland in einem Lokal ein Bier bestellen möchte, sage ich: “Ein Bier bitte!” und es erregt keinerlei Aufsehen. Wenn eine Neuseeländerin ein Bier bestellen möchte, sagt er oder sie: “Könnte ich bitte ein Bier haben?” Alles wird hier freundlich eingepackt, umschrieben und durch die Blume gesagt. Nichts wird direkt angesprochen oder ausgesprochen. Wenn ich hier “Ein Bier bitte” sage, werde ich auch auf Grund meines Akzents als Deutsche identifiziert. Wir gelten hier als effizient, direkt und dadurch oft verletzend. Ein anderer Unterschied, über den ich gestolpert bin, ist die Frage: “How are you?” Sie wird immer und überall gestellt, an jeder Supermarktkasse, in jedem Café, beim Tanken, im Vorbeigehen an einer Parkbank. Und es wird als Antwort nichts weiter erwartet als die Standardfloskel: “I’m good, thanks. How are you?” Noch ein weiterer auffälliger Unterschied ist, dass jede Erfahrung, sei es ein Ausflug, ein Essen, eine Wanderung oder ein Kinobesuch, positiv kommentiert wird: “Oh, ja, das war eine schöne Wanderung.” Oder: “Das war ein toller Film!” Es ist immer und alles positiv. Vielleicht am Ende wird in einem kurzen Nebensatz erwähnt, dass das Wetter nicht durchgängig so gut war, oder dass der Film ein paar Längen hatte, mehr aber nicht. Für mich war es eine Herausforderung und eine Anstrengung, alles was ich gesehen, gemacht oder erlebt hatte, positiv zu erzählen. Ich empfand es im Grunde als unehrlich, so etwas zu sagen, wenn es bei der Wanderung nur geschüttet hatte oder mir der Film nicht gefallen hatte. Hier aber gilt es als respektlos und unhöflich, dies so direkt zu formulieren. Die Unterschiede zwischen beiden Kulturen liegen nicht nur in den verschiedenen Sprachen, sondern auch in den Feinheiten, die einem keine*r erklärt und die einem erst nach längerer Zeit durch viele, auch schmerzvolle Erlebnisse erfahrbar werden.

Hast du dich schon einmal auf eine andere Kultur eingelassen? Welche Unterschiede sind dir dabei aufgefallen?

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Neugier

Ich unterrichte Deutsch als Zweitsprache. Ich habe große Freude daran zu erraten, welche Muttersprache jemand spricht. Meistens kann ich den Kontinent erraten, oder ob es eine östliche oder nordische Sprache ist, manchmal auch das Herkunftsland, aber nicht immer.
Ich sitze in Offenburg in der Fußgängerzone auf einer Bank und esse ein Eis. Eine Frau setzt sich neben mich. Wir fangen an zu plaudern. Ich höre in ihrem Deutsch einen leichten Einschlag einer anderen Muttersprache. Ich erzähle ihr, dass ich Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache bin und immer neugierig, woher Menschen kommen. “Was ist Ihre Muttersprache?”, frage ich sie. “Ich lebe seit dreißig Jahren in Deutschland”, erwidert sie, “und immer wieder fragen mich Menschen, woher ich komme. Ich finde das völlig unpassend bei einer so flüchtigen Begegnung!” Und unser Gespräch ist beendet.
Zwei Monate später fahre ich mit dem Zug von Paris zurück nach Saarbrücken. Drei Personen steigen ein. Der Mann setzt sich auf den freien Platz neben mir und die beiden Frauen auf die Plätze auf der anderen Seite des Ganges. Sie sprechen eine mir völlig unbekannte Sprache, die ich so gar nicht einordnen kann. Ich überlege, ob ich den Mann darauf anspreche? Wird er sich auch über meine Frage ärgern? Ich zögere. Und dann siegt meine Neugier. Ich beginne das Gespräch damit, dass ich erkläre, was ich beruflich mache. Der Mann lächelt mich freundlich an und erklärt mir, dass sie Letten seien. Ein freundliches und interessantes Gespräch entwickelt sich, während seine Frau und seine Tochter schlafen. Ich freue mich über diese herzliche Begegnung.

Traust du dich, Menschen bei flüchtigen Begegnungen auf das Thema anzusprechen, das dich interessiert? Wie gehst du damit um, wenn jemand unfreundlich reagiert?

Danke, lieber unbekannter Lette.

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Die Bitte

Er erzählt mir, dass er Corona hatte und 5 Tage in Quarantäne war. Er hat dann seinen Nachbarn gebeten, für ihn einzukaufen. Leider war der Nachbar genau zu dem Zeitpunkt gestürzt und konnte sich nur unter Schmerzen bewegen. Der fiel also aus. Na ja, er sei nicht verhungert, erzählt er weiter. Er hätte noch genug in der Tiefkühltruhe gehabt. So habe er die auch mal wieder leer gemacht. Ich habe einen Garten und der liegt vielleicht dreihundert Meter von seiner Straße entfernt. Ich fahre, wenn auch nicht jeden Tag, so doch jeden zweiten dorthin. Das weiß er. Mit Freude hätte ich ihm das ein oder andere besorgt und ihm vor die Tür gestellt. Ich bin fast enttäuscht, dass er mich nicht gefragt hat.

Wie gehst du damit um, wenn du etwas von anderen brauchst? Kannst du Menschen bitten?

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