Französisch

Mein Vater war ein begeisterter Frankreich-Liebhaber. Er ließ sich dafür nach Saarbrücken versetzen, weil es an der Grenze liegt. Regelmäßig fuhren wir nach Frankreich hinüber, um dort einzukaufen. Als ich die Grundschule beendete, meldete er mich auf dem örtlichen deutsch-französischen Gymnasium an. Dass ich anfänglich nichts verstand und nur weinte, brachte ihn von seinem Vorhaben nicht ab. Da gab es kein Vertun. Ich musste diese Schule besuchen. Er investierte viel Geld in Nachhilfestunden und fuhr mich hin und holte mich auch wieder ab. Ob ich das alles wollte, hat er mich nie gefragt. Bis zum Abitur quälte ich mich mit mäßigen bis schlechten Noten herum.
Heute spreche ich fließend Französisch. Deutsche, die mich hören, bewundern mich, wenn sie es selbst nicht oder nicht so gut sprechen. Franzosen machen mir Komplimente, wenn sie mich sprechen hören. Wenn ich gefragt werde, wie es kommt, dass ich so gut Französisch spreche, erzähle ich in kurzen Zügen, welch schmerzvolle Geschichte sich für mich damit verbindet. Und dann kommt unweigerlich eine der folgenden Reaktionen: “Ja, aber dafür kannst du dich heute fließend verständigen.” – “Sieh doch das Positive daran, was du heute davon hast!” – “Ich hatte 6 Jahre Französisch in der Schule und kann nur radebrechen.” – “Wie ich dich darum beneide.” – “Wenn ich so fließend sprechen würde, würde ich sofort nach Frankreich ziehen!” Ich kann mich nicht erinnern, dass mir schon mal jemand mitfühlend begegnet ist und mich mit dem Schmerz hören konnte, den das Erlernen der Sprache für mich mit sich gebracht hat.

DaZ unterrichten

Ich bin ins Unterrichten von DaZ, Deutsch als Zweitsprache, einfach so reingerutscht. Ich lebte in Delhi und am dortigen Goethe-Institut wurde eine Lehrperson gesucht. Ich wusste nichts über die grammatikalischen Feinheiten der deutschen Sprache, hatte ich doch eine französische Schule besucht, aber ich bin Muttersprachlerin, das zählte, der Rest konnte erlernt werden. Also befasste ich mich mit den Verben mit Vokalwechsel, den Ausnahmen bei der Steigerung der Adjektive und noch vielem mehr. Ich hatte Freude daran, Deutsch zu unterrichten und so ergab sich aus dieser Zufallsbegegnung mein beruflicher Werdegang. Ich hatte eigentlich Geographie studiert. Von meinen Kommilitonen wusste ich, dass sie in dieser Richtung einen Beruf gefunden hatten oder suchten. Ich ließ mich also auf das Unterrichten ein. Ich unterrichtete in Delhi, in Saarbrücken, in Christchurch, am Bodensee und jetzt seit 20 Jahren wieder in Saarbrücken, Erwachsene, Jugendliche, Student*innen und jetzt Schüler*innen. Ich habe bis heute mit vielen unterschiedlichen Nationalitäten zu tun und bekomme von ihnen Einblicke in ihre Herkunftsländer. Ich habe sehr wissbegierige Lernende, die alles aufsaugen wie ein Schwamm und es auch gleich umsetzen können, und ich habe Lernende, die den Stoff einfach nicht aufnehmen können. Ein Schüler ist mir noch ganz besonders im Gedächtnis. Er kam aus Griechenland mit albanischen Wurzeln. Er kam in die sechste Klasse. Er erfasste die neue Sprache mit Leichtigkeit. Nichts brauchte ich zu wiederholen, wollte er doch lieber voran und Neues lernen. Er beendete den Mittleren Bildungsabschluss als bester Schüler der Schule mit einer Eins. Sein Ziel war es, Zahnarzt zu werden. Ich bin mir sicher, dass er das erreicht hat. Es ist mir eine tiefe Befriedigung, einen kleinen Beitrag zu seinem Werdegang geleistet zu haben. Und dann waren da auch Schüler*innen, bei denen am Tag nicht mehr als ein neues Wort hängenblieb. Und das war am nächsten Tag auch schon wieder vergessen. Was wusste ich schon über ihr Leben, bevor sie nach Deutschland kamen? Was hatten sie alles erlebt oder erleben müssen, was ihr Lernen beeinträchtigte? Wollten sie überhaupt hier in Deutschland sein? Waren sie neugierig und offen für diese neue Welt? Oder wurden sie aus ihrem gewohnten Umfeld überstürzt herausgerissen?
Über die Jahre schlich sich eine gewisse Langeweile bei mir ein, der Akkusativ blieb immer der gleiche und auch die Verben mit Vokalwechsel änderten sich nicht. Was sich änderte, waren die Schüler*innen, die neu dazu kamen und denen ich mit Neugier begegnete.
Ich unterrichte immer noch gerne DaZ. Ich sehe es als eine überaus wichtige Aufgabe an. Die Sprache ist das Mittel, um in einer neuen Kultur anzukommen, sich in einem anderen Land zu orientieren, die Menschen und ihre Gewohnheiten zu verstehen, das eigene Leben zu gestalten und den einen eigenen Platz zu finden. Und so sehe ich mich als Botschafterin für mein eigenes Land. Ich möchte meinen Schüler*innen eine Brücke in dieses liebenswerte und auch komplexe Land sein. Ich möchte ihnen den Schlüssel dazu vermitteln, in ihrem neuen Leben hier Fuß zu fassen.

Gebrochenes Deutsch

Ich nehme an einem Seminar teil, das zwei Frauen leiten, eine Deutsche und eine Kolumbianerin. “Ich begrüße ihr herzlich zu dieses Seminar heute”, beginnt die Kolumbianerin. Ich zucke innerlich zusammen. Na, denke ich, vielleicht ist das die Anfangsnervosität. “Wir beginnt mit eins Anfangmeditation.” Nein, es ist nicht die Nervosität am Anfang. Es geht genauso weiter. “Bitte steckt ihre Füße platt in die Boden.” Ich kann mich kaum auf den Inhalt konzentrieren, stolpere ich doch dauernd über ihr Deutsch. Ich verstehe, was sie meint und muss es doch für mich umformulieren. Über jeden Teil, den die Deutsche übernimmt, freue ich mich. Ich brauche mich nicht zu konzentrieren, ich verstehe ohne Anstrengung und kann mich entspannen. Sobald die Kolumbianerin dran ist, muss ich für mich übersetzen und das ist anstrengend. Manches Mal muss ich sogar überlegen, was sie überhaupt meint. Ich kann aus dem Seminar längst nicht so viel mitnehmen, wie ich erwartet hatte und fand es stellenweise sogar qualvoll. Ich wünsche mir von Menschen, die in Deutschland leben, gerade wenn sie hier arbeiten, dass sie sich auch selbst die Mühe geben, ein angemessenes Deutsch zu lernen.

Wie sieht’s denn hier aus?

Als ich ihn zum ersten Mal besuche, fällt mein Blick auf die Einrichtung. Da ich selbst bald umziehen werde, bin ich gerade besonders neugierig, wie andere eingerichtet sind. Ich sammle Ideen, was ich vielleicht selbst in meiner neuen Wohnung umsetzen könnte. In der Küche hat er z.B. einen Stehtisch als extra Arbeitsfläche. Das finde ich sehr praktisch. “Oh, entschuldige, dass es hier so aussieht”, kommentiert er meinen Blick in seine Küche. Ich weiß gar nicht, worauf er sich bezieht. Mir ist nichts aufgefallen. Ich finde die Küche aufgeräumt. Erst als ich mich gezielt umschaue, sehe ich in einer Ecke Wasserkisten und leere Flaschen stehen. Hätte er nichts gesagt, wäre mir das gar nicht aufgefallen.
Ich finde die angegebene Adresse des Seminarortes nicht und parke mein Auto auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz. Ich suche zu Fuß weiter. Als ich endlich die Adresse finde, schlägt mir die Seminarleiterin vor, mich mit ihrem Auto zu meinem Auto zu fahren und es auf dem freien Parkplatz vor den Seminarräumen abzustellen. Ich freue mich sehr über das Angebot und nehme es dankend an. Als ich einsteige, sagt sie: “Entschuldige, dass es hier so aussieht.” Es ist für mich völlig unwichtig, wie es in ihrem Auto aussieht, ich bin einfach nur froh, zu meinem gefahren zu werden.
Wo kommt nur dieser Anspruch auf perfekte Ordnung her?

Erntezeit

Nach 12 Tagen Abwesenheit komme ich in den Garten. Wie er sich in der Zeit wohl entwickelt hat? Ich bin total neugierig. Ob die Tomaten schon reif sind? Ob die Cosmea-Blumen schon blühen? Ob die Trauben schon süß sind? Ob noch Äpfel am Baum hängen? Als erstes sehe ich, dass der Regen das Beikraut hat schießen lassen und dass der Salat unter zu viel Regen und zu wenig Sonne gelitten hat. Warum sehe ich eigentlich das Negative zuerst, frage ich mich später beim Schreiben. Und dann ernte ich: Tomaten, Bohnen, Kartoffeln, Mais, Zucchini und Äpfel. Die Weintrauben nasche ich direkt von der Rebe. Zu Hause stehe ich am Herd und koche. Ich schaue in die Pfanne: Diese Mahlzeit ist aus selbst angebautem Gemüse, der Knoblauch, die Tomate, die Bohnen und die Kartoffeln, alles habe ich selbst gesetzt oder gesät, nur die Zwiebel nicht. All das habe ich mit meiner Hände Arbeit und mithilfe von Sonne und Regen produziert.

Mutter sein

Ich wollte nie Kinder haben, habe auch nie welche bekommen und habe es eigentlich auch nie bereut. Nun habe ich eine Woche auf einer GFK-Familienfreizeit verbracht mit 13 Familien, mit Mamas ohne Papas, mit Mamas mit Papas, mit Omas und vielen Kindern unterschiedlichen Alters. Was für ein Gewusel das am Anfang war. Aufgeregt umherlaufende Kinder, ängstlich sich an Mama oder Papa klammernde Kinder. Schon bald bekam ich Kontakt zu dem einen oder anderen Kind. Irgendwann in den folgenden Tagen setzte ich mich zu einem kleinen Mädchen, vielleicht 4 oder 5 Jahre alt, das sich anscheinend langweilte. “Langweilst du dich?”, fragte ich sie. “Ja.” – “Wozu hast du denn Lust?”, wollte ich wissen. “Weiß nicht”, kam als Antwort. Plötzlich sprang sie auf und meinte: “Ich will Brombeeren pflücken gehen.” – “Können wir machen, aber ich weiß gar nicht, wo es welche gibt.” Da nahm sie mich einfach bei der Hand und sagte: “Aber ich.” Also gingen wir Hand in Hand zu den Brombeeren. Einträchtig pflückten und aßen wir die Beeren. Mit dem zweijährigen Carl spielte ich Fußball oder so etwas in der Art. Er schoss den Ball kreuz und quer und lachte herzlich dabei. Was für ein herrliches Bild das war. Bei einer anderen Gelegenheit saß er auf meinem Schoß und kuschelte sich ganz an mich an. Da schmolz mir schon das Herz! ‘Ach, es wäre vielleicht schon schön gewesen Kinder zu haben,’ dachte ich.
Aber ich erlebte auch Momente, in denen ein Mädchen einen totalen Schreianfall hatte, aus Müdigkeit und Ärger und vielleicht auch aus noch anderen Gründen. Ich sah die Mutter, die sichtlich ratlos und vielleicht auch angestrengt den Ausbruch aushielt. Ich konnte nicht umhin zu denken: ‘Gott sei Dank sind mir solche Erlebnisse erspart geblieben.’ Bei einer kleinen Aufführung, die im Dunkeln stattfand, stand eine Mutter mit ihrer vielleicht zweijährigen Tochter im Arm neben mir. Immer wieder sagte die Kleine in die Stille hinein: “Licht an. Mama, Licht an. Licht an, Mama.” Eins ums andere Mal. Sie hörte einfach nicht auf. Die Gruppe und auch ich wollten der Aufführung lauschen. Schließlich verließ die Mutter mit dem Kind den Raum. Ich war erleichtert, weil ich jetzt in Ruhe der Musik folgen konnte und später dachte ich dann: ‘Was für Opfer Mütter für ihre Kinder bringen! Vielleicht wollte diese Mutter ja auch gerne das Musikstück anhören, aber da die Kleine keine Ruhe gab, hat sie ihren eigenen Wunsch zurückgestellt.’ Ich war und bin voller Respekt und Wertschätzung für das, was ich diese Mütter habe machen sehen. Wie viel sie zurückstecken müssen oder auch wollen für ihre Kinder. Das alles habe ich verpasst oder auch: Das alles ist mir erspart geblieben.

Begleitung

Ich verbringe eine Woche in einem Team von drei Seminarleitern und vier Verantwortlichen für den Kreativbereich mit 13 Familien und deren Kindern. Meine Kollegen und ich bieten eine Anzahl von Seminaren zum Thema Gewaltfreie Kommunikation an. Das Kreativteam hat eine große Anzahl an Bastelangeboten für die Kinder. Neben den Seminaren stehen die Kollegen und ich auch noch für Begleitgespräche zur Verfügung. Ich werde in dieser Woche oft darauf angesprochen werden, ob ich mir Zeit für ein Gespräch nehmen könne, was ich gerne tue. Ich begleite Menschen in einem Gefühlschaos bei der Klärung. Ich begleite Menschen auf der Suche nach einem besseren oder anderen Kontakt zu ihren Kindern. Und auf der Suche nach einem besseren Kontakt zu sich selbst. Oder ich begleite ein Paar bei einem Konflikt miteinander. Die Menschen schenken mir ihr Vertrauen. Sie öffnen sich und zeigen sich mir in schmerzvollen und verletzlichen Momenten. Was mir anvertraut wird, halte ich sanft und behutsam und achtsam. Ich kann ihr Leben nicht ändern. Ich kann da sein, ihnen mit meinem offenen Herzen zuhören, mit ihnen behutsam einen inneren Knoten lösen im Vertrauen, dass sie ihren Weg finden werden. Ein Paar, dass ich einmal begleitet habe, bittet mich um ein zweites Gespräch. Sie beginnt. Ich höre ihr zu. Und ich höre ihm zu. Das Gespräch geht hin und her. Schicht um Schicht geht es tiefer. Tränen fließen. Sie wagen sich immer näher heran an ein schmerzvolles Thema. Und es wird immer offensichtlicher, dass ihnen die Liebe abhanden gekommen ist. Eine Trennung wird nicht ausgesprochen, sie steht jedoch im Raum. Diese Begleitung geht mir unter die Haut und wird mir noch lange nachgehen.

Familienfreizeit

Sieben Tage verbringe ich mit fünf Kolleg*innen und 13 Familien mit ihren Kindern. Das Leitungsteam trifft sich einen Tag vorher. Wir lernen einander erst einmal kennen und besprechen, was vorbereitet werden muss. Wir essen zusammen zu Abend. Am nächsten Morgen gehen die Vorbereitungen weiter. Im Team werden wir alle Mahlzeiten zusammen einnehmen und uns inhaltlich auch noch jeden Tag in der Teamzeit besprechen. Als die Teilnehmenden am Nachmittag anreisen, sind sie erst einmal alle mir unbekannte Menschen. Später wird es einige spielerische Vorstellungsrunden geben, bei denen ich einen ersten Eindruck von ihnen gewinne. Der erste Tag mit Programm beginnt. Ich lerne einige Teilnehmende näher kennen. Nach den Seminarangeboten am Vormittag herrscht überall buntes Treiben: Kinder, die spielen oder an den Bastelangeboten teilnehmen, Erwachsene, die mitbasteln oder zu zweit oder in kleinen Grüppchen zusammensitzen und plaudern. Nach dem Abendessen rennen wieder Kinder über das Gelände, mal lachend und auch mal weinend. Die Erwachsenen sind mit ihren Kindern beschäftigt oder im Austausch mit anderen. Ich lerne die Teilnehmenden und deren Kinder immer näher kennen. Mal spiele ich mit dem einen oder anderen Kind, mal plaudere ich mit einem Elternteil. Einzelne und auch Paare bitten mich um ein Beratungsgespräch. Diese Menschen lerne ich noch tiefer kennen. Im Team besprechen wir, was wir am nächsten Tag an Programm anbieten wollen und ob es irgendwo hakt und Nachsteuerung braucht. Im Laufe der Tage merke ich, wie sehr ich mich mit all diesen Menschen verwoben habe, wie sehr mir einzelne ans Herz gewachsen sind. Wie wohl ich mich fühle in dieser Gemeinschaft auf Zeit, eingebettet in wohlwollenden Kontakt, Austausch und Nähe. Wie schwer es mir fallen wird, zu Hause wieder alleine zu sein.

Schwindel

Seit mehr als drei Monaten leide ich unter Schwindel. Begonnen hatte er mit starkem Erbrechen und damit, dass ich nicht mehr alleine stehen konnte. Nach drei Tagen wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Nach etwa vier Wochen konnte ich wieder Auto fahren und alleine einkaufen. Meine Hausärztin meinte: “Das wird wieder, aber das dauert.” Also Geduld haben und einfach nur abwarten? Jemand empfahl mir Arnika. Ich nahm also Arnika, ohne eine Verbesserung feststellen zu können. Jemand anderes empfahl mir Salviathymol. Ich nahm Salviathymol, auch ohne eine Verbesserung festzustellen. Nun habe ich die Idee, es mit Akupunktur zu versuchen. Ich mache Termine bei einer Akupunktur-Ärztin. Sieben Termine nehme ich wahr und habe das Gefühl, dass sich nichts verändert. Also höre ich damit auf. Und merke, wie es sich jetzt ohne Behandlung anfühlt. Ein klein bisschen besser war es durch die Akupunktur doch geworden, der Schwindel war etwas schwächer geworden. Aber er ist nicht ganz weggegangen. Eine dritte Person nennt mir einen Physiotherapeuten, der sich auf Schwindel spezialisiert und ihr bei ihrem Schwindel geholfen habe. Ich mache also einen Termin bei ihm. Er macht einige Tests und stellt dieselbe Diagnose wie im Krankenhaus: Neuritis vestibularis. Mit den Worten “In vier bis sechs Wochen sind sie den Schwindel los, Sie werden schon in einer Woche merken, dass es besser wird” zeigt er mir Übungen, die ich machen soll und entlässt mich. Voller Hoffnung auf ein Leben ohne Schwindel mache ich die Übungen. Meinen Einwand beim nächsten Termin, dass der Schwindel eher zugenommen hat, übergeht er. “Keiner hat wirklich Ahnung von Schwindel. Andere Therapeuten würden ein bisschen hier drücken und da drücken …” Die seien einfach nur dumm. Er lehre das schließlich seit Jahren. Ich mache also zuhause die 2. Übung, die er mir gezeigt hat und hoffe weiter auf Besserung. Der Schwindel nimmt so stark zu, dass es mich massiv einschränkt. ‘Das kann doch nicht sein! Da stimmt doch was nicht?’ Ich mache die Übungen nicht weiter und auch keine neuen Termine bei dem Physiotherapeuten mehr.
Am Ende wird mir ein homöopathisches Mittel helfen.

Blind Date

Mein Automechaniker will mich mit seinem Chef für ein ‘Blind Date’ verkuppeln. Ich bin neugierig und lasse mich darauf ein. Ich treffe Erik zwei Tage später und wir gehen in ein Restaurant. Ich erzähle ihm, dass ich eine Website habe und in meinem Blog Geschichten schreibe. “Zeig mal,” sagt er. Ich hole mein Handy raus und suche im Blog. Ich gebe ihm die “Regenwürmer” zu lesen. Als er fertig gelesen hat, sagt er: “Du kannst nicht alle Regenwürmer retten.” Nein, das kann ich nicht und ich kann es auch nicht zulassen, sie von den Schülern zertrampeln zu lassen. Ich gebe ihm die Geschichte “Im Zug” zu lesen. Daraufhin erzählt er mir eine Geschichte, die ihm selbst im Zug mal passiert ist. Als letztes gebe ich ihm “Die Pizza” zu lesen. Diese Geschichte kommentiert er mit: “Ja, das ist unsere Überflussgesellschaft. Über so etwas denke ich nicht nach. Was ich nicht ändern kann, damit belaste ich mich nicht.” Dann erzählt er lang und breit, dass die Politiker die Steuergelder aus dem Fenster werfen würden und nicht auf die Probleme im eigenen Land schauten. Die Bürger würden Aufgaben übernehmen, die in die Zuständigkeit des Staates gehörten. Wir seien ein so reiches Land, da dürfte es keine Tafeln geben.
Ich weiß nicht mehr, wie er auf das Thema kommt, aber plötzlich redet er über Sex. Ich stoppe ihn. Sex ist für mich kein Thema bei einem ersten Treffen. “Man müsste doch über alles reden können”, sagt er.
Ich lenke das Gespräch in eine andere Richtung und frage, wohin er gern in Urlaub fahre. Nach Sri Lanka, sagt er und beginnt ausführlich und sehr detailliert über seine Urlaube dort zu erzählen. Er fragt mich nicht, wo ich gerne hinfahre. Später erzähle ich, dass ich Lehrerin bin und was ich unterrichte. “Und weil du dich langweilst, machst du die Seminare?” Nein, ich mache die nicht aus Langeweile. Ich mache sie, weil mir das Thema am Herzen liegt. Aber da ist er schon bei einem anderen Thema. Als wir uns verabschieden, sagt er, ich wäre schon eine Sünde wert, auch wenn wir doch weit auseinander lägen. Ja, tatsächlich. Wir liegen sehr weit auseinander.

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